Das in einem grünen Tal gelegene imposante Zisterzienserkloster Santa María de Oseira gehört zu den großen Denkmälern Galiciens und ist neben Sobrado dos Moxes das bedeutendste Zisterzienserkloster in Galicien. Manche nennen es aufgrund seiner Pracht „das galicische Escorial“, in Anlehnung an den königlichen Palast bei Madrid.
Dieses aus dem 12. Jahrhundert stammende Kloster liegt in der Provinz Ourense, in der Gemeinde Cea .Es war das erste Zisterzienser-Kloster in Galicien.
Zuvor gab es in Cea ein Kloster, das von einigen Einsiedlern gegründet wurde. Im Jahr 1141 beschlossen sie, dem Zisterzienserorden beizutreten. Zusätzlich kamen neue Mönche aus Clairvaux. Claivaux war die Primarabtei des Zisterzienserordens in Frankreich und die Klöster Oreira ebenso so wie Sobrado waren unmittelbare Tochterklöster der Heimatabtei.
So wird das Kloster Oseira zum Wahrzeichen des Zisterziensertums in den galicischen Ländern, ein Keim, der sich, wie wir wissen, an zahlreichen Orten in Galicien ausbreitete.
Auf das oben genannte Kloster Sobrado dos Monxes trifft man auf dem Camino Primitivo oder auf dem Camino Frances nicht weit von Santiago de Compostela (s. auch Kapitel Kloster Sobrado dos Monxes – spekatakuläres Kloster mitten in der Natur und das Kapitel “Die Klöster der Benediktiner und Zisterzienser in Spanien – eine kurze Darstellung ihrer Geschichte, ihrer Bedeutung und ihrer Architektur” )
Die gleichermaßen in der Landwirtschaft wie in Wissenschaft und Theologie bewanderten Mönche brachten die Abtei Santa Maria de Oseira in den folgenden Jahrhunderten zur wirtschaftlichen und geistig-kulturellen Blüte, die sich in der prachtvollen Ausstattung des Klosters wiederspiegelt. Im 14. Jh. begann ein Verfall des Klosters, doch im 16. -18. Jh. kam es durch den Beitritt des Klosters zur Zisterzienserkongregation von Kastilien zu einer weiteren Blüte. Mit der Säkularisierung im 19. Jh. begann der fortschreitende Verfall seiner Architektur und die Plünderung seiner beweglichen Kunstwerke.
Im 20. Jahrhundert kehrten die Mönche nach Oseira zurück und es wurde eine gigantische und erfolgreiche originalbetreue Restaurierungs- und Wiederherstellungsarbeit an diesem Klosterkomplex durchgeführt. Es gelang den Glanz seines ursprünglichen Zustands wiederherzustellen und ihn zu einem der aufwendigsten Beispiele spanischer religiöser Architektur zu machen. Die Besichtigung des Klosters gleicht einem Rundgang durch die Zeit.
Dieses Kloster verfügt neben vielen anderen Gebäuden über eine außergewöhnliche romanische Übergangskirche, drei Kreuzgänge unterschiedlicher Epochen und Stile sowie einen sehr attraktiven Kapitelsaal.
Das älteste erhaltene Gebäude ist die Klosterkirche (Romanik, Übergang zur Gotik). Mitte des 12. Hh. Begonnen wurde sie 1230 geweiht. Die romanische Kirche hat einen lateinischen Kreuzgrundriss mit drei Schiffen und einem Querschiff. Die Schiffe sind durch Pfeiler mit eingelassenen Säulen getrennt. Sowohl das Gewölbe des Mittelschiffs als auch die der Seitenschiffe haben eine spitze Tonne mit Querbalken. Die halbrunden Fenster öffnen sich am Anfang des Gewölbes. Nach einem Brand wurden um das Jahr 1700 die Fassade der Kirche mit Zwillingstürmen, die Altäre und große Teile des Klosters. Wie in Zisterzienserkirchen üblich, ist die skulpturale Verzierung praktisch nicht vorhanden. Dieser Ziermangel scheint seine architektonische Monumentalität zu verstärken.
Der alte Kapitelsaal ist ein Werk aus dem 15. Jahrhundert und das malerischste Element des Klosters. Der nach spätgotischen Vorbildern erbaute Raum ist von komplizierten Sterngewölben überwölbt, deren Bögen von fantasievollen geriffelten Säulen ausgehen. Diese palmenähnlichen Stützen öffnen sich, als wären sie Palmenzweige. Sie erinnern an die Stützen des Marktes von Valencia, ebenfalls aus einem ähnlichen Datum.
Das Kloster hat drei Kreuzgänge! Claustro de las Pánculos (16. JH. Säulen mit zinnenartigem Abschluss), Claustro de los Medallones (16- Jh. mit Stein -Medaillons verziert) und Claustro de los Cuballeros (18. Jh.). Der letztere zeichnet sich durch die in den Bögen angebrachten Bildnisse aus, die Gesichter historischer Persönlichkeiten darstellen. Im alten Kreuzgang haben sich neun romansche Bögen mit 24 Kapitellen erhalten, deren Qualität außergewöhnlich ist. Sie werden als Arbeit aus der Wekstatt des Meisters Mateo angesehen. Santiago de Compostelas Kathedraleneingang Pórtico de la Gloria ist das romanische Werk von Meister Mateo. So berühmt seine genialen Figuren auch sind, über den Mann selbst wissen wir so gut wie nichts. Das Skulpturenwerk dagegen gilt als Highlight romanischer Kunst.
Weiterhin gibt es im Kloster die prächtige Escalera de Honor (Ehrentreppe 17. Jh.) und das alte Refektorium mit der wunderschön wiederhergestellten gotischen Gewölbedecke.
(s. auch Geschichten, “Das Monesterio de Santa Maria de Ourense”)
Cordula Rabe, Via de la Plata, Rother Wanderführer, München 2011