Wir waren schon ca. 16 km von Hondarribia in Richtung Pasaia unterwegs, da stießen wir auf eine Straße und der gelbe Pfeil wies den Weg entlang der Straße. Aber auf der anderen Seite der Straße war auch ein Schild nach Pasaia, das auf einen Pfad Richtung Meer verwies. Begeistert von den bisher schon entdeckten herrlichen Ausblicken auf das Meer wählten wir kurz entschlossen – ohne das Buch weiter zu konsultieren – diesen Weg. Er führt eine Zeitlang über grüne Wiesen, bis man endlich wieder an die Küstenfelsen stößt. Ca. eine Stunde lang folgten wir diesem Küstenkamm, der schroff ins Meer abbricht. Wir konnten uns nicht satt sehen am blauen Himmel, dem wilden blauen Meer, den steilen Felsen und den grünen Wiesen. Welch herrliche Landschaft! Spannend war auch zu beobachten, wie die Schiffe aus der Meeresenge von Pasaia auf das offene Meer fahren, denn sie müssen hier durch eine von Bergen umgebende Aus- bzw. Einfahrt, die sich erst später in Pasaia zum größten natürlichen Hafen des Baskenlandes weitet. Früher war dies ein perfekter Schutz gegen Überfälle.
Nach ca. einer Stunde wurde unser Weg immer schmaler. Er führte nun etwas unterhalb des
Felsenkammes entlang, rechts ging es steil bergauf, links recht steil bergab. Dann wurde der Weg so eng, dass wir Bedenken hatten, mit unseren Rucksäcken am Felsen hängen zu bleiben. Und auf der ganzen Strecke war uns kein einziger Wanderer begegnet. Also war guter Rat teuer! Weitergehen – wobei der weitere Weg nicht einsehbar war, da er um eine Felsenkante herumführte – oder umkehren – wieder eine Stunde zurück!
Nach langem Überlegen entschieden wir uns für das Umkehren. Es war der erste Tag unserer Wanderung auf dem Camino del Norte und wir wollten einfach kein Risiko eingehen. Einerseits ärgerten wir uns darüber, dass wir nicht mutig genug sind, anderseits sollte man in unserem Alter auch nicht übermütig werden .
Also liefen wir diesmal zügigen Schrittes den Weg bis zur Straße zurück. Trotz des flotten Tempos genossen wir wieder die faszinierenden Ausblicke auf das Meer und den Küstenstreifen. Ab der Straße folgten wir dann brav den gelben Pfeilen nach Pasaia.
Als wir kurz vor der Herberge waren, kam uns ein Spanier, wohl ein Einheimischer, entgegen, der uns erklärte, dass die Herberge bereits voll belegt sei. Hatte uns der Umweg die Übernachtung in der Herberge gekostet? Aber wir wollten uns erst einmal selber ein Bild von der Lage machen. Er nickte und begleitete uns bis zur Herberge. Er sollte Recht behalten, die Herberge war bereits voll. Daraufhin fing unser Begleiter an, mit dem Herbergsvater zu diskutieren, und schließlich bekamen wir zwar kein Bett in der Herberge, aber nach einem Telefonanruf die Adresse einer Privatunterkunft, wo gerade noch zwei Betten frei waren.
Unser „Führer“ winkte uns und wir folgten ihm durch zahlreiche verwinkelte Gassen hinunter in den Ort. Ob wir den Weg zu der Unterkunft allein gefunden hätten? Wohl schon, aber sicher mit Mühen, zumal an der Türe nur ein Namensschild stand und kein Hinweis auf Übernachtungsmöglichkeiten. Nachdem sich unser Führer vergewissert hatte, dass wir hier wirklich übernachten konnten, verabschiedete er sich freundlich begleitet von unserem herzlichen Dankeschön.
Also auch Umwege führen mit Glück zum Ziel! Und ich darf sagen, wir haben auf den vielen Wegen, die wir gegangen sind, und trotz mancher Sprachbarriere fast nur hilfsbereite, freundliche Menschen getroffen. Immer wieder eine schöne Erfahrung!
Aber natürlich geisterte unsere Entscheidung umzukehren doch noch in unseren Köpfen herum. Also besuchten wir am Abend die Hafeneinfahrt und versuchten „unseren“ Weg oben am Felsen zu finden. Nach unserer Einschätzung hätten wir wohl noch einige hundert Meter weitergehen müssen, dann wäre der Abstieg nach Pasaia gekommen. Aber was soll´s. Wir hatten eine gute Entscheidung getroffen und dann soll man auch nicht anderen Möglichkeiten nachjammern!