Die Arabisierung Spaniens

ein kurzer Überblick - und die Einflüsse der maurischen Kultur auf Spanien und Europa

Die folgende Darstellung soll einen kurzen Überblick über die verschiedenen Phasen der Eroberung Spaniens durch die Mauren darstellen. Es kann nur ein kurzer Abriss der Geschehnisse sein, eine ausführliche Beschreibung würde den Rahmen dieses Kapitels sprengen. Zudem habe ich ein extra Kapitel  „Kritische Betrachtung“ hinzugefügt, in dem ich darauf hinweisen will, dass man sich vor einfachen Pauschalierungen hüten sollte, sondern dass man sich im Klaren ist, die Eroberung und die Reconquista haben viele verschiedene Facetten. Wer sich für die genauen Zusammenhänge interessiert, dem kann ich das Buch von

Catlos, Brian, al Andalus: Geschichte des islamischen Spanien, München 2019 empfehlen. Allerdings sind die Ausführungen in ihrer Ausführlichkeit manchmal anstrengend zu lesen.

Bei der Eroberung und Besetzung Spaniens durch die Araber kann man pauschal drei Perioden unterscheiden.

 

  1. Periode der Arabisierung- die Zeit des Emirats 711 – 756

Vor der Eroberung Spaniens durch die Araber herrschen die Westgoten auf der Iberischen Halbinsel (ehemals Hispanien, heute Spanien und Portugal). Sie kontrollieren das Land vom 5. bis zum 8. Jh. Unter ihrer Herrschaft war Toledo zum ersten Mal die Hauptstadt des Reiches. Allerdings befinden sich Adel und König Anfang des 8. Jahrhunderts in einem bürgerkriegsartigen Zustand. Dies ist eine der Tatsache, die den Arabern die fortschreitende Eroberung Spaniens erleichtern.

Im Jahr 711 wird die Iberische Halbinsel erstmals von den Arabern angegriffen.

Im Frühjahr 711 sendet Musa, Umayyaden-Gouverneur von Nordafrika, seinen Feldherrn, den Berber Tariq, mit etwa 12.000 Mann (7.000 Soldaten und 5.000 Berber) über die Meerenge. Die Landungsstelle wird nach ihm Berg des Tariq ( arabisch gabal Tariq)  – Gibraltar – genannt. Am 9. Juli 711 kommt es am Río Guadelete zur Schlacht gegen die Westgoten. Die zahlenmäßig weit überlegenen Westgoten unter ihrem König Roderich werden vernichtend geschlagen, u.a. durch die Mithilfe einer inneren Oppositionspartei der Westgoten. König Roderich stirbt auf dem Schlachtfeld. Das Heer Roderichs ist durch eine Auseinandersetzung mit den Basken im Norden schon ermüdet, als es im Süden ankommt.

Tariq, der im Dienste der in Damaskus residierenden Kalifen aus dem Geschlecht der Umayyaden steht und als Gouverneur für die nordafrikanischen Gebiete zuständig ist,  nutzt die politischen Wirren in Hispania und zieht gegen die ungeschützte Hauptstadt des Westgotenreichs Toledo, die er mühelos einnimmt. Im folgenden Jahr vereinigt sich das Heer von Tarq und Musa zu einer Größe von 18.000 Mann. Sie ziehen dann weiter gegen Norden, so dass sie im Jahr 719 praktisch ganz Spanien erobert haben. Nur ein paar kleinere Gebirgsregionen im Norden können die Araber nicht besetzen. Christlich bleiben nur Asturien an der nördlichen Küste sowie Navarra, das Grenzgebiet zum Frankenreich (“spanische Mark”). Ein Vorstoß  der Araber in das Frankenreich im Jahr 732 wird durch Karl Martell in der Schlacht von Tours und Poitiers gestoppt, doch ist die Bedeutung der Schlacht lange Zeit eher überschätzt worden, da es sich wohl eher um einen begrenzten Raubzug  als um einen Eroberungsversuch der Mauren handelt.

Insgesamt kapitulieren das Land und die großen Städte, auch die Hauptstadt Toledo, ohne größeren militärischen Widerstand. Die für die damalige Zeit überraschend schnelle und erfolgreiche Eroberung hat seine wahren Gründe in der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zerrüttung des Westgotenreichs. Außerdem gehen die Eroberer geschickt vor. Sie sichern lediglich vereinzelte städtische Vorposten militärisch und arrangieren sich gezielt mit lokalen Machthabern. Sie lassen deren Herrschaft weitgehend intakt, solange sie die muslimische Oberhoheit anerkennen. Aber die Muslime sind gekommen, um zu bleiben, zumal al-Andalus, wie das eroberte Gebiet genannt wird, geographisch und klimatisch große Ähnlichkeit mit dem Maghreb hat.

Bei der Übernahme der Städte garantieren die Moslems zu Anfang weitgehend die geltende Rechtsordnung und Religionsfreiheit. Nach damaliger Auslegung des islamischen Gesetzes sind die muslimischen Herrscher dazu verpflichtet, die Gegenwart anderer Buchreligionen – also auf der iberischen Halbinsel der Christen und Juden – zu tolerieren. Sie dürfen ihren Glauben behalten und in kleinen Gemeinschaften ausleben. Allerdings unterliegen sie einigen Einschränkungen. Dazu gehört, dass es ihnen nicht gestattet ist, ohne Erlaubnis Gotteshäuser zu bauen, sie müssen sich im öffentlichen Raum unauffällig benehmen, sind zur Abgabe einer Kopfsteuer verpflichtet und müssen Muslimen gegenüber ihre Ehrerbietung zeigen. So treten nach und nach viele Hispanogoten z.T. auch angezogen von der neuen Religion lieber zum Islam über. Sie werden „muladíes“ genannt. Andere behalten ihren christlichen Glauben, aber sie übernehmen sehr wohl die arabische Sprache. Sie werden also arabisiert, nicht jedoch islamisiert und entwickeln kulturelle Eigenheiten, die sie von ihren Glaubensgenossen in christlich beherrschten Gebieten unterscheiden. Sie werden daher auch „mozárabes“ (Arabisierter oder Freund der Araber) genannt. Neben den christlichen gab es auch zahlreiche jüdische Gemeinschaften im Land. Vor allem die Juden sehen hier gute Einkommensmöglichkeiten und Chancen aufzusteigen, die ihnen anderswo in Europa verwehrt werden. So werden die Jahrhunderte jüdischen Lebens auf der iberischen Halbinsel auch oft als „goldenes Zeitalter“ des iberischen Judentums bezeichnet.

Welche religiösen Gruppierungen gibt es also:

      –    Muslime

      –     Christen

  • Muladies: zum Islam konvertierte Christen
  • Moriscos: zum Christentum konvertierte Muslime
  • Mozarabes: unter dem Islam lebende Christen
  • Mudejares: unter dem Christentum lebende Muslime
  • Juden

Die Araber ersetzen die westgotische Zentralregierung, schöpfen die wirtschaftlichen Überschüsse ab und erbeuten die Reichtümer der Kirchen und Klöster. Gleichzeitig sind die ersten Jahrzehnte der Araberherrschaft (716-755) auf der Iberischen Halbinsel durch arabische Stammesfehden und innenpolitisches Chaos gekennzeichnet. Die Berber und Araber sind untereinander zerstritten. Die Gouverneure wechseln häufig. Diese erste Phase der arabischen Herrschaft mit den vielen verschiedenen Gouverneuren, die dem Kalifat in Damaskus unterstellt sind, und den zahlreichen Clankämpfen untereinander wird mit der Gründung des Emirats von Córdoba durch Abd-ar-Rahman beendet.

  1. Periode der Arabisierung – die Zeit des Kalifats 756-1031

 

756 trifft Abd al-Rahman I., letzter Spross der in Damaskus entthronten Kalifendynastie der Omayaden, nach einer abenteuerlichen Flucht über Nordafrika in Spanien ein. Er nutzt die innenpolitischen Spannungen geschickt aus. Offensichtlich verschafft ihm sein Charisma breite Unterstützung, so dass er es nach kurzer Zeit schafft, die rivalisierenden Stämme zu einigen. Nach einer siegreichen Schlacht bei Cordoba übernimmt er die Herrschaft der Mauren in Spanien. Er nennt sein muslimisches Reich Al Andalus und gründet das Emirat von Cordoba. Er schafft es, dass die lokalen muslimischen Potentaten ihn mehr oder minder freiwillig anerkennen und einen Teil ihrer Macht an ihn abgeben. Allerdings muss er sein Reich mehrmals gegen muslimische Aufständige und mit ihnen verbündeten Einheimische verteidigen. Die weit entfernten Regionen der Pyrenäen, Kantabrien und Galizien kann er allerdings nicht beherrschen, was ihm aber wohl auch nicht so wichtig ist, da diese Regionen nur von geringer ökonomischer Bedeutung sind.

Abd al –Rahman macht Cordoba zum politischen und kulturellen Zentrum des islamischen Gebietes (“Al-Andalus”). Er schafft neue Strukturen der Verwaltung und Jurisdiktion, eine effektive Steuerreform, teilt das Staatsgebiet in Provinzen auf, erneuert die Infrastruktur, läßt Moscheen bauen und richtet militärisch gesicherte Marken zur Grenzkontrolle im Norden ein. Auch lässt er in einer Zeit, da die Christen nach wie vor die Bevölkerungsmehrheit bilden, jene beeindruckende Moschee von Cordoba bauen als Zeichen der Überlegenheit des Islams über das Christentum. Insgesamt betrachtet legt er für die kommenden Jahrhunderte das Fundament einer geeinten islamischen Herrschaft in Spanien, ohne die al-Andalus wohl zerfallen wäre. Er stirbt 788 in Cordoba.

Seine Nachfolger können ein gefestigtes, geordnetes Reich gestalten. Sie können die zahlreichen Aufstände im Land niederschlagen und ihre Macht festigen. Aus Spanien wird mit der Zeit auf Grund der Konversion der Bevölkerung ein islamisches Reich und der Wohlstand im Land steigt deutlich an. Allerdings müssen sich die folgenden Herrscher immer wieder gegen rebellische Gouverneure, fränkische Heere und Überfälle der Wikinger zur Wehr setzen, die immer wieder die Macht der Umayyaden zu zerstören drohen. Im Norden können die christlichen Fürsten weitgehend in Schach gehalten werden. Im dritten Viertel des 9. Jhs. ist in den ausgedehnten Ebenen nördlich des Duero eine ungefähre Grenze zwischen Asturien und dem Emirat errichtet worden.

912 kommt Abd-ar-Rahman III. (912-961) an die Macht, interessanterweise war er Muslime, aber auch Sohn und Enkel christlicher Frauen. Die Annäherungen der Religionen zeigt sich in diesen religiösen Mischehen, wobei allerdings nach islamischem Recht nur muslimische Männer christliche Frauen heiraten dürfen. Abd-ar-Rahmann III ist der erste Umayyade von al-Andalus, der den Kalifentitel für sich reklamiert. Er setzt sich also als „Nachfolger“ oder „Stellvertreter des Gesandten Gottes“ ein, also als Oberhaupt der gesamten muslimischen Gemeinschaft, und somit in Konkurrenz zu den beiden anderen Kalifaten in Bagdad und Kairo.

Unter ihm und seinem Nachfolger al-Hakam II. (961- 976) entsteht das Kalifat von Córdoba, das zu einem der bedeutendsten Reiche Europas und der islamischen Welt wird, wobei Abd-ar-Rahman mit starker, z.T. grausamer Hand regiert. Allerdings hatte er sich auch gegen zahlreiche Rebellionen in Catmona, Sevilla, Merida, Badajoz, Valencia und Toledo zur Wehr zu setzen ebenso wie gegen Angriffe aus dem christlichen Norden.

Die arabische Kultur wird zu dieser Zeit zur vollen Blüte gebracht. Muslime, Christen und Juden leben in seinem Reich in Eintracht zusammen und machen al-Andalus zu einer kosmopolitischen arabisch-islamistischen Gesellschaft.

Die Bevölkerung wächst stark an. Córdoba hat 113.000 Häuser, 600 Moscheen und prächtige Paläste, darunter den Alcázar. 785 beginnt man mit dem Bau der berühmten Moschee von Cordoba, der Mezquita, die in den nächsten 200 Jahren mehrmals erweitert wird. Cordoba wird mit einer Bevölkerung von vielleicht 500.000 Einwohnern schließlich die größte und wohlhabendste Stadt in Europa noch vor Konstantinopel. Die Stadt wird zum Anziehungspunkt für Gelehrte und Wissenschaftler und zum Modell einer kosmopolitischen Aufklärung. Das Kalifat existiert zwar nur knapp hundert Jahre, aber das von Abd al-Rahman III. begründete Verwaltungswesen, der Anstieg der landwirtschaftlichen und handwerklichen Produktion sowie seine Investitionen in die Infrastruktur lösten in al-Andalus einen wahren Verstädterungsboom aus. Ein letztes Aufleben des Kalifats findet unter al Mansur Ende des Jahrhunderts statt. Er dringt mehrmals in die christlichen Reiche im Norden ein und kommt sogar bis nach Santiago de Compostela. Er plündert die Stadt, verbietet aber, das Grab des hl. Jacobus zu entweihen. Mit seinen Vorstößen gegen die Christen will er deren Vordringen einen Riegel vorschieben. Dennoch geht das in den 750er Jahren von Abd al-Rahman I. gegründete und unter Abd al Rahman III. zu Pracht und Herrlichkeit aufgestiegene Reich seinem Ende entgegen. Das Reich wird zum Ort der Auseinandersetzung zwischen den erstarkenden Christen und ihrer Reconquista und puritanischen intoleranteren Berbern.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Spaniens#/media/Datei:Al-Andalus-de-910.jpg
Von Alexandre Vigo - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10312430

3. Periode der Arabisierung – die Zeit der Taifas (1041-1091), die Herrschaft der Almoraviden (1091-1145) und Almohaden (1145-1236) und das Emirat von Granada (-1492)

 

In den folgenden Jahrzehnten beginnt der Niedergang des arabischen Einheitsreiches in Spanien. Mit der Absetzung des letzten Kalifen 1031 bricht Al-Andalus politisch zusammen und endet 1031.  Nach zweiundzwanzig Jahren Bürgerkrieg und ethnischer Zwietracht, Gegenputschen und Pogromen war das Kalifat beendet. Der Glanz Cordobas verblasst, aber die Provinzstädte erwachen zum Leben. Es bilden sich zahlreiche islamische Kleinstaaten, die sog. Taifas. Darunter sind u.a. 1009-1076 die Amiriden in Denia1010-1090, die Ziriden in Granada, 1016-1085die Nuniden in Toledo und Cordoba 1023-1091 die Abbadiden in Sevilla.

Im Jahr 1031 sind ungefähr 24 Reiche der Reyes de Taifas, der Kleinkönige, entstanden, welche sich jedoch gegenseitig bekämpfen. Dabei bedienen sie sich auch der Hilfe der christlichen Staaten, die inzwischen in Spanien erstarkt sind. Während unter Abd al-Rahman III. al-Andalus noch die Hegemonie über die christlichen Staaten ausübt und auch in Erbstreitigkeiten eingreifen kann, kehrt sich das Verhältnis allmählich um, so dass mehrere Taifas von den christlichen Staaten tributabhängig werden. Diese Zeit dauert von 1031-1091. Der wirtschaftliche Wohlstand in den Taifas blieb erhalten, aber der politische Niedergang setzte sich unaufhaltsam fort. Die Schwäche erkennen auch die Nachbarn, die christlichen Fürsten im Norden und die Berber in Nordafrika, die schon in der Zeit des Kalifats enge Beziehungen zu den Mauren in Spanien aufgebaut haben.

Die Expansion der christlichen Staaten ging immer stärker zu Lasten der Taifas und findet in der Eroberung Toledos durch Kastilien den ersten Höhepunkt. Es ist die erste größere Stadt in al-Andalus, die einem christlichen Herrscher zufällt. Zwar zielt diese Eroberung nicht auf Vertreibung der Muslime ab, sondern man will die muslimische Bevölkerung als Untertanen der christlichen Reiche behalten. Doch aus Toledo wandert ein Großteil der muslimischen Elite ab. Diesen spektakulären Erfolg der Christen empfinden viele Muslime

als Tragödie und einen großen Verlust. Dies führt dann zur Invasion der nordafrikanischen Almorawiden, die von den Muslimen zur Hilfe gerufen werden. Sie bringen die Rückeroberung islamischer Gebiete durch die christlichen Staaten zum Stehen, kehren sie teilweise sogar wieder um. Die Almoraviden, nordafrikanische Wüstenkrieger und streng orthodoxe Gläubige, übernehmen die Herrschaft in al-Andalus.

Empört über den „dekadenten“ Lebensstil und die „Aufweichung“ der Religion, die sie vorfinden, beginnen sie im Einverständnis mit Rechtsgelehrten, die das Versagen der Kleinkönige beim Schutz des Islams hervorheben, mit der Unterwerfung der Taifa-Reiche. Diese endet 1110 mit dem Sturz der Hudiden von Saragossa. Al-Andalus wurde nun Teil eines Reiches, das seinen Mittelpunkt in Nordwestafrika hat mit der Hauptstadt Marrakesch und der Regionalhauptstadt Sevilla.

Durch den asketischen Fanatismus der Neuankömmlinge endet auf muslimischer Seite die Jahrhunderte lange Tradition der Toleranz gegenüber Andersgläubigen. Die christlichen Mozaraber werden ausgewiesen, wenige später auch viele Juden. Doch städtisches Leben und Handel florieren und mit der Zeit werden auch die strengen Sitten gelockert. Allerdings werden die Almorawiden seit 1147 von den ebenfalls aus Nordafrika stammenden Almohaden verdrängt, die noch sittenstrenger sind. Beide Stämme können während ihrer Herrschaft die spanisch-maurische Kultur weiter ausbauen. Doch die Unzufriedenheit der Untertanen mit der streng-religösen Herrschaft droht die Herrschaft der Almohaden zu schwächen. Das nutzen die christlichen Herrscher und die Reconquista verdrängt die Araber allmählich trotz einiger Niederlagen bis Ende des 13. Jahrhunderts fast vollständig aus dem Land. (Siehe dazu die Ausführungen zur Reconquista)

Einzig das Nasriden-Reich von Granada, zudem auch größere Städte wie Málaga, Almería und Marbella gehören, besteht noch bis 1492. Dann muss Mohammad XII. den Schlüssel der Stadt Granada an das Ehepaar, die Könige Ferdinand II. von Aragon und Isabella I. von Kastilien übergeben und abziehen.

Eine kurze Zeittafel zur politischen Geschichte

 

710-756          Islamische Eroberung und Anfänge

711                  Invasion der Mauren unter Taliq

711                  Schlacht am Rio Guadelete – Niederlage der Westgoten unter König Roderich

719                  Fast ganz Spanien unter maurischer Herrschaft

721                  Pelago besiegt die Mauren bei Covadonga- angeblicher Beginn der Reconquista

756-1031        Emirat und Kalifat von Cordoba

 

756                  Begründung des Umayyaden Emirats durch Abd al Rahmann I

912-961          Abd ar Rahman, Blüte des Emirats

929                  Abd ar Rahman ernennt sich zum Kalifen

961-976          Al Hakan II , Blüte der arabischen Kultur

1031                Niedergang des Kalifats

1041-1091      Entstehung der Taifas, der regionalen Königreiche

                        u.a.:

1009-1076      Amiriden in Denia

1010-1090      Ziriden in Granada

1016-1085      Nuniden in Toledo und Cordoba

1023-1091      Abbadiden in Sevilla

1085                Alfons VI von Kastilien erobert Toledo im Zentrum der Halbinsel

 

 1091-1248      Almoraviden und Almohaden

1090-1116      die Almoraviden erobern die Taifas Königreiche

1094                El Cid erobert Valencia, das bis 1102 gehalten wird

1118                Aragon erobert Zaragoza

1212                Kastilien besiegt die Almohaden bei Las Navas de Tolosa

1229                Aragon erobert Mallorca

1236                Kastilien erobert Cordoba

1238                Portugal erobert Algave

1238                Aragon erobert Valencia

1248                Kastilien erobert Sevilla  – Ende der großen „Reconquista“

1237-1492      Die Nasriden in Granada

             

Die Einflüsse der maurischen Kultur auf Spanien und Europa

 „Der Reiz Spaniens ist es, der Ort zu sein, wo Orient und Okzident einander begegnet sind“ (Emile Male). Denn neben den militärischen Auseinandersetzungen, den Tributzahlungen und Phasen der Intoleranz und des Fanatismus wird die muslimische Präsenz in Spanien auch mit einem bedeutenden kulturellen und wissenschaftlichen Aufschwung in Verbindung gebracht. Auch der Umgang mit Andersgläubigen – solang sie einer monotheistischen Religion anhängen – muss man – zumindest am Anfang der Herrschaft der Mauren – gerade auch für die damalige Zeit als sehr tolerant und fortschrittlich bezeichnen. Als Vollbürger werden sie aber nicht anerkannt. Sie leisten keinen Militärdienst und zahlen eine Sondersteuer und sie sind dem Staatsvolk der Muslime untergeordnet. Sie haben jedoch ein Recht darauf, ihre eigene Religion auszuüben mit all ihren Bräuchen und Vorschriften.

Die christlichen Untertanen der neuen islamischen Herren scheinen, nachdem ihre ersten Erhebungen und Aufstände niedergeschlagen worden sind, vor allem in der Epoche des Emirats und des Kalifats von Córdoba (756–1013) mindestens teilweise von der damals offenkundigen zivilisatorischen Überlegenheit der islamischen Macht  beeindruckt zu sein. Teile der gebildeten Schichten greifen bereitwillig viele kulturelle und wirtschaftliche Ideen der Mauren auf. Der Name, den sie erhalten, mozarabes (von must’arab, einer, der gern Araber sein möchte, sich als Araber gibt), spricht zumindest dafür.

Will man kurz auf diese positiven Aspekte der Arabisierung der iberischen Halbinsel eingehen, so muss man von einem komplexen Vorgang ausgehen, der in viele Lebensbereiche Einzug hielt. Hier einige Beispiele.

Die islamische Bodenpolitik führt zu einer ausgesprochenen Klein- und Mittelbesitzstruktur und steht somit im Gegensatz zu der Struktur von Latifundien, deren Entwicklung schon unter den Römern begonnen haben. Durch die Reconquista wird diese kleinräumigere Agrarstruktur aber wieder zerstört. Denn hier kommt es wieder zur Bildung von Latifundien als Geschenk an die Unterstützer der spanischen Herrscher. Diese Latifundien sind bis heute ein großes Hemmnis für die Entwicklung der spanischen Landwirtschaft.

In der Folge der Agrarpolitik der Mauren kommt es zu einem Aufschwung der Landwirtschaft vor allem auch durch die Einführung neuer Kulturpflanzen. Die wichtigsten neuen Kulturpflanzen sind die Zitrone, die Pomeranze, die Banane, das Zuckerrohr, der Reis, die Baumwolle und die Wassermelone.

Auch die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte z.B. im Rahmen der Leder-Textil- und Teppichherstellung sowie Papierherstellung wird deutlich verbessert. So wird z.B. Baumwolle, Hanf und Safran (zum Färben) nach al-Andalus importiert, was die aufstrebende Textilindustrie stark ankurbelt. Auch die Seidenmanifaktur wird durch die große Nachfrage der Eliten ausgebaut.

Entscheidend für die Gestaltung der Agrarlandschaft sind auch die künstlichen Bewässerungssysteme. Zwei wichtige neuartige Systeme der Wassergewinnung sind die Wasserhebevorrichtungen (Norias) und die Qanate. Bei den Norias handelt es sich um ein Wasserschöpfrad, während die Qanate ein ausgeklügeltes System von unterirdischen Wasserleitungen ist, das über viele Kilometer reicht.

Vor allem aber kann man bei den Einflüssen der Mauren auf die Blüte der Wissenschaften verweisen. So bringen die Araber Wissen aus den Bereichen der Natur- und Geisteswissenschaften, der Baukunst, der Medizin, der Astronomie und Mathematik nach Spanien. Allein die Bibliothek des Kalifen Abd al-Rahman in Cordoba umfasst angeblich mehr als 400.000 Bücher. Auch die bei uns heute üblichen (arabischen) Ziffern hat Europa von den Arabern übernommen. Ursprünglich kommt das Ziffernsystem allerdings aus Indien.

Voraussetzung für die Entfaltung der Wissenschaften ist ein gut ausgebautes Bildungssystem. So gibt es ein weit verbreitetes Netz von Elementarschulen, die die Basis für die Universitäten bilden. Im 10 Jh. gibt es bereits 17 Universitäten in al-Andalus. Der muslimische Einfluss schlägt sich auch im Bereich der Schönen Künste – hier vor allem der Dichtkunst und Musik – nieder.

Interessant ist auch, dass die erhaltenen Quellen aufzeigen, dass neben den Männern auch Frauen eine wichtige Rolle spielen und zwar nicht nur als Kopistinnen und Übersetzerinnen sondern auch als Wissenschaftlerinnen und Autorinnen. Frauen der Oberschicht haben Mittel und Möglichkeiten, kulturellen Interessen nachzugehen. Sie schreiben Gedichte, kopieren den Koran, geben juristische Texte heraus und gründen bedeutende Bibliotheken, studieren Wissenschaften und Religion.

Die großen Städte – wie Cordoba, Toledo und Granada – sind auf Grund der –zumindest zeitweise herrschenden – intellektuellen Freiheit und religiösen Toleranz dem übrigen, doch z.T. recht rückständigen Europa klar überlegen. Da sich von diesen Zentren kontinuierlich das Wissen auf andere geistige Zentren in Europa ausbreitet, kann das Zusammentreffen von muslimischer und abendländischer Kultur im Laufe der Zeit auch im übrige Europa Einfluss ausüben und zur kulturellen Entwicklung des Abendlandes vor der Renaissance beitragen. Dabei spielen die arabisierten Christen eine wichtige Rolle, da sie sowohl die christlichen Reiche Nordspaniens als auch Italien und die fränkischen Herrschaftsgebiete bereisen.

(s. auch das Kapitel: Wechselbeziehung zwischen islamischer,christlicher und jüdischer Baukunst in Spanien und der Madéjar-Stil – Via de la Plata)

Quellen

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