Woher kommt der Name „Levante“? In Spanien bezeichnet der Begriff Levante (spanisch für die Himmelrichtung „Osten“, abgeleitet vom Sonnenaufgang, von levantarse, „aufgehen“) die Ostküste der Iberischen Halbinsel und ihr Hinterland, besonders die Küstenlandschaften der früheren Königreiche Valencia und Murcia. Ausschlaggebend für den Namen war wohl die Lage Valencias im östlichen Küstenabschnitt Spaniens, der ebenfalls als Levante bezeichnet wird. Allerdings führt der Camino de Levante über 1200 km (incl. des letzten Abschnitts der Via de la Plata) quer durch Spanien bis nach Santiago de Compostela.
Schon Apostel Jakobus, so erzählt man sich, benutzte ein Stück der „Via Augusta“, die ein Teil des Camino de Levante ist, bei seiner Missionierung Spaniens. Auch heute gehört der alte Pilgerweg zu den attraktivsten und abwechslungsreichsten Wanderrouten Europas. Von Valencia am Mittelmeer führt er über 820 km durch das Herz Spaniens bis nach Zamora und trifft dort auf die von Sevilla kommende Vía de la Plata.
Der Camino de Levante hat seinen Ursprung in der mittelalterlichen Epoche, als Pilger aus den Küstenregionen des Mittelmeers ihre Reise nach Santiago de Compostela antraten. Der Hafen von Valencia war ein wichtiger Ausgangspunkt für die Pilger. Die Route folgte quer durch Spanien alten römischen Straßen und Handelswegen, die bereits das Levante mit dem Inneren der Halbinsel verbanden.
Mit Mittelalter wurde sie sowohl von Pilgern als auch von Händlern genutzt, die in dieser Route eine sichere Verbindung durch Zentralspanien sahen. Im Laufe der Zeit gewann die Route an Popularität insbesondere unten den Bewohnern der Ostküste, die eine Alternative zu den stärker frequentierten Routen im Norden suchten. Die Route hatte allerdings mit Herausforderungen zu kämpfen, wie mit dem Mangel an Infrastruktur und der Konkurrenz der besser etablierten Wege.
Obwohl die Route in der Neuzeit an Popularität verlor, wurden in den letzten Jahrzehnten Anstrengungen unternommen, sie wieder zu beleben. Heute wird sie zunehmende von jenen gewählt, die eine weniger überlaufende aber faszinierende Alternative zu den klassischen Wegen suchen. Dabei muss man die Herausforderung des begrenzten Angebots an Herbergen und Dienstleistungen akzeptieren. Laut der „Associación Amigos del Camino de Santiago“ in Valencia pilgern ca. 700 Personen pro Jahr auf dem Weg.
Der Camino de Levante ist also eine der weniger bekannten Routen des Jakobswegs, birgt jedoch einen bedeutenden historischen und kulturellen Reichtum. Mit seinen Ursprüngen ist er tief verwurzelt in der Geschichte Spaniens und führt durch vielfältige Landschaften, historische Städte und wenig begangene Wege. Der moderne Verlauf führt durch die Städte wie Albacete, Toledo und Avila, von wo aus man natürlich auch starten kann. Er bietet die Möglichkeit ein authentisches und ländliches Spanien zu entdecken, abseits der üblichen Touristenpfade. Pilger können dabei einzigartige Landschaften genießen von den fruchtbaren valencianischen Gärten über die Ebenen von Kastilien-La Mancha mit seinen Windmühlen bis zu den imposanten Bergen von Kastilien und Leon. Diese landschaftliche Vielfalt ist einer der Hauptanziehungspunkt der Route. Ein weiteres herausragendes Merkmal ist der historische Reichtum der Städte, durch die sie führt. Orte wie die Hafenstadt Valencia, Albacete seiner Pasaje de Lodares, Toledo mit seinem beeindruckenden kulturellen Erbe und seiner Geschichte des Zusammenlebens der Kulturen oder Avila mit einer berühmten mittelalterlichen Stadtmauer bieten den Pilgern einen tiefen Einblick in die Geschichte Spaniens.
Stefan Markschies, Camino de Levante von Valencia nach Zamora, Conrad Stein Verlag 2020