Ávila – mittelalterlich und kastilisch

Camino de Levante

Von Anual - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7703456

Die Stadt Ávila ist die höchstgelegene Stadt Spaniens auf einer Höhe von 1.131 m.
Es liegt auf einem nach drei Seiten abfallenden Hügelrücken inmitten einer vom Adaja durchströmten baumlosen Hochebene, die von hohen Gebirgen umschlossen und nur nach Norden offen ist. Der Reichtum an mittelalterlichen Bauten und die alte das Stadtzentrum umschließende Mauer machen Ávila zu einer der sehenswertesten Städte Spaniens.

Geschichte
Seine strategische Lage auf einem Hügel mit Blick auf die Ebenen von Avila und die Berge des Zentralsystems veranlasste die Römer zur Gründung der ersten Stadt. Seitdem haben alle Kulturen in Ávila ihre Spuren hinterlassen, aber es war das Mittelalter, das sein universellstes Symbol hinterließ: die romanische Mauer. Dieser prächtige, zweieinhalb Kilometer lange Ring mit 87 Türmen und neun Toren umschließt ein historisches Zentrum.

Die Gegend um Ávila (Obila oder Abula) war schon von den keltischen Stämmen der Arevaker und Vettonen besiedelt. Spätestens seit der römischen Zeit war die Stadt ununterbrochen bewohnt. Unter den Westgoten gehörte sie aufgrund ihrer Nähe zur Hauptstadt Toledo zu den wichtigsten Städten des Königreichs.
Anfang des 8. Jhs. wurde Ávila durch die Araber unter Tarik erobert. Sie rissen die römischen Befestigungen nieder und bauten selber neue Stadtmauern. Unter Alfons I. wurde die Stadt wieder durch die Christen erobert (742). 785 wurde es erneut von den Mauren eingenommen. In den folgenden Jahrhunderten wechselte Ávila mehrmals den Besitzer und ist abwechselnd Arabisch und Christlich.
Die Lage im umkämpften Grenzland zwischen moslemischer und christlicher Welt verhinderte eine wirtschaftliche Blüte. Dies änderte sich erst, als die Gegend unter dem König Alfonso VI. unter kastilische Herrschaft kam. 1085 wurde Avila im Rahmen der Eroberung Toledos ebenfalls wieder christlich. Wenige Jahre später ab 1090 begann die systematische Befestigung der Stadt und die Ansiedlung neuer Bewohner in der fast menschenleeren nördlichen Meseta. Mit der Vorrückung der Grenze rückte Ávila wie andere antike Städte wie Salamanca, Segovia, Sepúlveda usw. in die Nachhut vor, wurde aber gleichzeitig gestärkt, indem es strategische Verteidigungspositionen an dieser vorgeschobenen Grenze einnahm. Alfons VI. befahl Don Raimundo de Borgoña , diese Städte mit Menschen aus verschiedenen nördlichen Regionen neu zu bevölkern. Die Wiederbevölkerung der Stadt Ávila und ihrer Umgebung erfolgte nach einem systematischen Plan, der darauf ausgelegt war, wichtige königliche Privilegien zu berücksichtigen. Es beginnt eine Art Exodus für Menschen unterschiedlichster Herkunft in Richtung dieser Grenzgebiete. Leonesen, Burgalesen, Kantabrer, Asturier, Galizier, Franken und sogar gefangene Mauren bildeten eine Fusion, die der Stadt enorme Vitalität verlieh. Damit beginnt eine Zeit unaufhörlicher Wiederbevölkerung und Bautätigkeit, die eine völlig neue Gesellschaft entstehen lässt aus Christen, Juden und Mauren.
Im 15. Jh. war Ávila im Sommer ein beliebter Rückzugsort der katholischen Könige Isabel von Kastilien und Ferdinand von Aragon. Sie residierten im Kloster San Tomas. Leider inszenierten sie von hier aus das leidliche Instrument der Inquisition und die Vertreibung der Juden und Morisken (konvertierte Muslime). Das hatte einen dramatischen Verlust an kulturellem und wirtschaftlichem Wissen für Spanien zu Folge.
Im 16. Jahrhundert erlebte die Stadt ihre Blütezeit. Vor allem durch Textilhandwerk gelangt Ávila zu großer wirtschaftlicher Bedeutung. Außerdem kamen viele Eroberer aus Südamerika zurück und errichteten hier prächtige Paläste.
Die Pest, die Vertreibung der Juden und der Morisken, die Auswanderung vieler Menschen nach Mittel- und Südamerika und die Abwanderung des Adels in die neue Hauptstadt Madrid bewirkten Ávilas allmählichen Verfall, von dem sich die Stadt seit dem 19. Jahrhundert nur langsam erholt hat.

By Choniron - Own work, CC BY-SA 3.0 es, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21391963

Stadtrundgang

Bekanntestes Bauwerk der Stadt ist die komplett erhaltene romanische Stadtmauer aus dem 11. bis 14. Jahrhundert mit ihren 88 Türmen und neun Stadttoren. Sie ist 2557 Meter lang, im Durchschnitt 12 Meter hoch, 3 Meter. Bis auf die Tortürme vom Rastro-Tor, dem Santa Theresa-Tor und dem Carmen-Tor treten alle Türme rund aus der Mauer hervor. Bei der Besichtigung der Stadtmauern fällt auf, dass sich keinerlei Schießscharten in den Mauern und Türmen befinden. Die Verteidigung scheint ausschließlich von den Wehrgängen der Mauern und Türme geführt worden zu sein. Die Wehranlagen gehören heute zu den besterhaltenstens und vollständigsten mittelalterlichen Stadtbefestigungen des 11. Jahrhunderts auf der Welt und war damals wohl die mächtigste Befestigungsanlage des mittelalterlichen Europas.

Von Selbymay - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 es, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21772171 Basilika San Vicente

Das San Vicente-Tor wurde als erstes erbaut und hat seinen militärischen Charakter bewahrt. Es liegt gegenüber der wunderschönen Basilika San Vicente, einem der schönsten Beispiele der Romanik und Gotik.
Wer den Mauerbogen überquert, betritt ein urbanes Labyrinth voller Überraschungen, bis er den Domplatz erreicht. Die imposante Kirche mit befestigter Anlage wird von den Palästen Velada und Valderrábanos flankiert. Der Bau der Basilika Salvador de Ávila begann im Jahr 1170. Sie ist die älteste gotische Kirche Spaniens. Französische Baumeister und flämische Künstler waren an der Gestaltung beteiligt. Die Bautätigkeit an der Kathedrale zog sich allerdings über Jahrhunderte hin. Dies hat zur Folge, dass die unterschiedlichsten Stilepochen von der Romanik bis zu Einflüssen der toskanischen Renaissance vertreten sind. Das Besondere der Kathedrale ist, dass das Gebäude deutliche Züge einer Festungsanlage aufweist und Teile (Apsis und Chorpartien) in den Mauergürtel der Altstadt integriert sind. Beeindruckend ist die Kombination von Strenge und Pracht in der Kirche. Sehenswert ist die Gemäldegalerie mit Werken u. a. von El Greco im Museum der Kathedrale.

Von www.pmrmaeyaert.com - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21376850 Basilika San Salvador

Ein ruhiger Spaziergang durch die Straßen der Stadt führt zum mit Arkaden gesäumten Platz Mercado Chico, einem Ort, an dem einst die verschiedenen Zünfte ihren Sitz hatten und an dem heute das prächtige Gebäude mit den städtischen Ämtern thront.
In der Nähe befindet sich der Platz Corral de las Campanas, auf dem der Guzmanes-Turm hervorsticht, der derzeit Sitz des Provinzrats ist. Dieses Renaissancegebäude verfügt über einen prächtigen Innenhof mit zwei Galerien und Säulengang, und im Untergeschoss ist eine Dauerausstellung zur vorrömischen vettonischen Kultur untergebracht.
Nur hundert Meter entfernt befindet sich einer der mystischsten Orte der Stadt: die Plaza de la Santa. Hier befindet sich das Kloster der Heiligen Teresa, das angeblich an der Stelle ihres Geburtsortes errichtet wurde. Die Basilika, das Klostermuseum der Heiligen mit einer interessanten Reliquiensammlung und das Kryptamuseum der Heiligen mit einer der größten Sammlungen schriftlicher Werke und Gegenstände der Heiligen Teresa bilden einen der wichtigen Bezugspunkte der Stadt. Teresa von Ávila war (1515–1582) Karmelitin, Mystikerin, Kirchenlehrerin und ist eine Heilige der katholischen Kirche. Sie gründete noch zu ihren Lebzeiten 18 Karmeliterklöster in Spanien.

Wenn man die Stadtmauer durch das Alcázar-Tor, das zweitälteste der Stadt, verlässt, erreichen man den Großen Marktplatz. Am anderen Ende der Mauer zeugt die romanische Kirche San Pedro von der politischen Bedeutung der Stadt in der Vergangenheit, denn in ihrem Atrium schworen die Monarchen, die Gesetze Kastiliens zu respektieren. Da der ummauerte Teil von Ávila schon schnell zu wenig Fläche bot, liegen einige sehenswerte Kirchen wie San Vicente, San Pedro, San Andrés und San Segundo etwas außerhalb der Altstadt.

Typisch für die deftigen Gerichte der Gegend sind Koteletts (Chuletón de Ávila) der einheimischen schwarzen Rinder, Gerichte mit großen weißen Bohnen (Judías del Barco) sowie die Süßigkeit Yemas de Ávila (oder de Santa Teresa).

Von Håkan Svensson - Eigenes Werk, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1307510 Convento de sta Theresa
Von Selbymay - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 es, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21772413 Kirche San Pedro
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