Im nordwestlichen Landesinnern liegt die flächenmäßig größte Region Spaniens – Kastilien-León übertrifft sogar das Nachbarland Portugal an Größe – mit sage und schreibe neun Nachbarregionen: Galicien, Asturien, Kantabrien, Baskenland, La Rioja, Aragon, Kastilien-La Mancha, Madrid und die Extremadura sowie Portugal im Westen. Regierungssitz ist das zentral gelegene Valladolid, eine Hauptstadt im eigentlichen Sinne besitzt das ehemalige Königreich nicht.
Kastilien und León umfasst die Nordmeseta eine zwischen 600 und 800 m Höhe liegende, von Randgebirgen begrenzte Hochebene im Nordwesten Zentralspaniens, die vom Duero entwässert wird. Der westliche Teil mit den Provincen León, Zamora und Salamanca bildet die historische Landschaft León; der als Altkastilien bekannte zentrale und östliche Teil gehört zur historischen Landschaft Kastilien.
Kastilien-Léon ist die flächenmäßig größte autonome Region Spaniens und zugleich die am dünnsten besiedelte. Sie erstreckt sich mit 94.218 km² Landfläche über 18,6 % der spanischen Landmasse, stellt jedoch mit einer Bevölkerungsdichte von 25 Einw./km² (Spanien: 95 Einw./km²) nur 5,7 % der Einwohner Spaniens dar. Für diese Situation ist vor allem die Landflucht ab den 50iger Jahren verantwortlich. So spricht Sergio del Molino in seinem Buch auch von dem „leeren Land“. (s. dazu hier das Kapitel „Leeres Land“)
Vergleicht man die Karten von 1857 und die Bevölkerungsentwicklung zwischen 1950-81, so erkennt man, dass die bereits damals 1857 dünn besiedelten Gebiete später zusätzlich von einem bedeutenden Bevölkerungsrückgang betroffen waren.
Geschichte bis zur Entstehung des Spanischen Königreiches
Mit dem Untergang Roms wurde iberische Halbinsel von den Westgoten besetzt. Bei der folgenden Eroberung durch die Mauren blieb der äußerte Norden des Landes unbesetzt. Im Berggebiet des heutigen Asturien entstand ein kleines christliches Königreich, das sich der islamischen Präsenz auf der Iberischen Halbinsel widersetzte. Sie erklärten sich selbst zu Erben der letzten westgotischen Könige, die wiederum stark romanisiert worden waren. Dieser Widerstand westgotisch-römischen Ursprungs, unterstützt vom Christentum, wurde immer stärker und dehnte sich Richtung Süden aus, wobei Ordono II. seine Hauptstadt in die Stadt León verlegte und den Grundstein zum Königreich Leon legte. Um die Wiederbevölkerung der neu eroberten Länder zu fördern, erteilten die Monarchen Fueros oder Urkunden zur Wiederbevölkerung (s. auch Kapitel „Repoblación“). Der König unterstützte u.a. auch die Wiederbevölkerung von Valladolid und Zamora.
Die Reconquista (Wiedereroberung) begann mit fortschreitenden territorialen Vorstößen und Rückzügen, bis die Teilung mit der islamischen Macht auf der Halbinsel entlang der Duero-Linie erfolgte.
Zur gleichen Zeit begann eine Grafschaft dieses christlichen Königreichs León, Autonomie zu erlangen und zu expandieren. Dies war die ursprüngliche Grafschaft Kastilien, die sich zum Königreich Kastilien mit großer Macht unter den christlichen Königreichen der Halbinsel entwickeln sollte. 1065 spaltete sich Kastilien vom Königreich León ab und wurde selbst ein Königreich. Zwischen 1072 und 1157 war das Königreich Kastilien wieder mit dem Königreich León vereinigt, danach wieder von ihm getrennt.1230 wurden die Königreiche von Kastilien und León endgültig unter Ferdinand II, dem Heiligen, vereinigt. Dieses vereinigte Reich wird als Krone von Kastilien bezeichnet. Seine Könige eroberten unterstützt von den Königreichen Navarra und Aragon und Portugal in der Reconquista schrittweise den Süden der Iberischen Halbinsel von den muslimischen Herrschern (s. ausführlicher das Kapitel „Reconquista“).
Zwischen 1212 bis 1516 dominierten dann drei Königreiche den christlichen Teil der Halbinsel. Im Westen war aus einer zu León gehörenden Grafschaft das Königreich Portugal entstanden. Im Osten dehnte Aragón, mittlerweile mit Katalonien verbunden, zunehmend zum Mittelmeer aus. 1282 akzeptiert Peter III., seit 1276 auf dem aragonischen Thron, die ihm von den Adeligen der Insel angetragene Krone Siziliens. 1442 erobert ein Nachfolger Peters das Königreich Neapel und damit ganz Süditalien. Zur größten iberischen Landmacht aber entwickelt sich Kastilien (seit 1230 mit León verbunden), das vom 11. Jahrhundert an nach und nach den größten Teil der früheren maurischen Herrschaftsgebiete annektiert.
Die Vereinigung der Krone von Kastilien und der Krone von Aragon begann 1469 als Personalunion durch die Heirat der katholischen Könige, Isabel von Kastilien und Ferdinand von Aragon. Sie wurde im Jahr 1516 vollendet, als der spätere Kaiser Karl V. durch Erbschaft König beider Reiche wurde und als Karl I. das Königreich Spanien begründete. Nach seinem Rückzug wurde das Reich Karls V. aufgeteilt. Sein Sohn Philipp erbte die Herrschaft in Spanien, sein Bruder Ferdinand trat die Nachfolge in Österreich an. Lange Zeit war die spanische Linie des Hauses Habsburg die mächtigere, denn Spanien war dank der überseeischen Besitzungen unermesslich reich.
Klima und Weinbau
Generell ist das Klima in Kastilien und León durch heiße, trockene Sommer und lange, kalte Winter geprägt, weiterhin machen große Tag- und Nachtschwankungen der Temperatur der Landwirtschaft zu schaffen.
Der Weinbau liegt mit 450 bis 1.000 m meist in größerer Höhe als sonst in Spanien, wobei die niedriger gelegenen Gebiete sich meist rund um Flüsse und deren Niederungen wie das Duero-Becken oder den Miño-Nebenfluss Sil befinden und die höher gelegenen im bergigen Hinterland der Flussebenen.
Auch wenn man das trocken-heiße Klima in Kastilien und León guten Gewissens als kontinental bezeichnen kann, ist die weitläufige Region dennoch von unterschiedlichen Einflüssen geprägt. Die dem Atlantik näheren Weinbaugebiete im Nordwesten, vor allem das an Galicien grenzende Bierzo, sind beispielsweise durch maritimeres, gemäßigteres Klima mit mehr Niederschlägen geprägt und viele Bereiche weisen recht spezielles Mikroklima auf, was zu kleinen Inseln besonderer Rebkultur führt, die sich teilweise von einem Tal zum nächsten bereits unterscheiden. Die Böden weisen wenig überraschend eine große Varianz auf. Heute ist z.B. der Name Ribera del Duero international bekannt und zahlreiche Bodegas machen von sich reden, allen voran die weltbekannten Weine des renommierten Weingutes Vega Sicilia.
Sehenswürdigkeiten
Auch wenn Kastilien und León aufgrund der fehlenden Küstenlandschaft wohl nicht zu den Top-Tourismusregionen Spaniens zählt, gibt es eine ganze Menge sehenswerte Highlights, die vor allem eine Genussreise in die Region der sanften Hügel und historischen Orte lohnenswert machen.
Die mittelalterlichen Städte reihen sich aneinander wie auf einer Perlenkette: Von den Templerhochburgen und Pilgerstädten Ponferrada und Astorga im Nordwesten nahe Bierzo über die historische Stadt Salamanca , die romanische Stadt Zamora und das pittoreske Rueda-Örtchen Medina del Campo bis zu den sehenswerten Städten Ávila und Segovia im Südwesten nahe Madrid. Auch der Regierungssitz Valladolid mit seinen zahlreichen grünen Plätzen und alten Kirchen ist sehenswert. Noch weiter östlich nahe des Weinbaugebietes Arlanza locken Burgos und das Kloster Santa Maria de Bujedo mit geschichtsträchtiger Natur in wunderschöner Landschaft.
Ein ebenfalls besonderes Erlebnis sind die römischen Goldminen Las Médulas bei Astorga, ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe in spektakulärer, teils von Menschenhand durch die Bergbautätigkeit erschaffener Felslandschaft. Die Goldminen und Teile des einst 100 km langen Bewässerungssystems können besichtigt werden (s. auch das Kapitel “Las Medulas”)
Jakobswege
Große Teile des Französischen Jakobsweges und des Camino de Madrid führen durch Kastilien-León. Auch Teile des Camino de Levante und der Via de la Plata liegen in diesem Gebiet.