Templo romano von Santa Eulalia de Bóveda - ein einzigartiger römischer Tempel

Camino Primitivo

Direkt am Camino Primitivo im Ort Santa Eulalia de Bóveda, in der Nähe der Stadt Lugo, ist ein weltweit einzigartiges Bauwerk erhalten: ein besonderer römische Tempel, welcher der Göttin Kybele geweiht wurde. Er wurde als Heiligtum und Orakel angesehen. Später wurde der Tempel als christliche Kirche genutzt und der Heiligen Eulalia geweiht, eine der berühmtesten Heiligen Spaniens. Man sollte den Ort unbedingt aufsuchen (Achtung manchmal leider geschlossen) . Es ist nur ein kleiner Raum unter einer kleinen Kirche aber von besonderer Schönheit durch die herrlichen Fresken, die noch erhalten sind.

Der eventuell aus dem 4. Jahrhundert stammende Bau wurde erst 1926 „entdeckt” – er war jahrhundertelang verschüttet gewesen. Nur so konnten sich die gemalten Motive erhalten. Aber der Zustand des feuchten Raums verschlechtert sich, der Schimmel macht schnelle Fortschritte.

Der Kybele Kult

Kybele war eine Göttin der Natur und Fruchtbarkeit und wurde in Rom als die Große Mutter der Götter verehrt. Als Schöpferin der Seelen schützte sie vor dem Geist des Bösen, denn voller Güte half sie denen, die sie anriefen. Ihr Kult erlangte in Rom Bedeutung, nachdem Augustus eine besondere Verehrung für sie empfand. Ein besonderer Aspekt von Kybele ist, dass sie Orakel gibt und Ekstase hervorruft, sowohl um Prophezeiungen zu fördern als auch um Schmerzen und sogar den Tod zu lindern. Ihre Heiligtümer im Reich hatten eine spezifische Architektur, um sich an die Durchführung ihrer Riten und insbesondere der Taufe oder des Tauroboliums anzupassen.

In der Antike gab es für Kybele viele Heiligtümer, bei denen es sich um Orakel handelte, in denen die Sibyllen residierten. Diese ermöglichten es den Priestern der Göttin, die Zukunft zu interpretieren. Die Sibyllen galten als prophetische, körperlose und zeitlose Stimmen. Diese Stimmen stammten von Vögeln, die mit dem Kybele-Kult in Verbindung gebracht wurden. Hähne, Enten, Gänse, Fasane, Wachteln usw. Der Flug der Vögel, ihr Gesang und ihr Kreischen enthielten die Prophezeiungen der Sibyllen.

Architektur 

Das Gebäude hatte zwei Stockwerke, obwohl heute nur noch das Untergeschoss bzw. die Krypta erhalten ist, die bis auf den zentralen Teil des Gewölbes, der beim Abriss der alten christlichen Kapelle im Obergeschoss verloren ging, fast in ihrer ursprünglichen Form erhalten ist. Von der oberen Etage ist nur noch ein Teil der Wand übrig, an der das Dachgewölbe aus Keramikziegeln beginnt.

Vor der christlichen Kapelle diente dieser zweite Stock als Taurobolio. Das Taurobolio war im antiken Rom das rituelle Opfern eines Stiers im Kybele Kult. Es war seit dem 1. Jh. n. Chr. bekannt. Ursprünglich diente es dazu, die Lebenskraft des Opfertiers zu übertragen. Das Taurobolium wird oft als eine kunstvolle Zeremonie dargestellt, in der sich der Stier auf einem Holzgitter befand und der zu Weihende darunter in einer Grube, so dass er während der Opferung vom Blut des Opfertiers durchnässt wurde, welches in ein Becken im Untergeschoss tropfte. Die Opferung eines Tieres die Götter ist Teil einer religiösen Handlung. Der Glaube an die heilende Wirkung der Bluttaufe war als Praxis in der Antike, insbesondere im 2. und 3. Jahrhundert, weit verbreitet.

Sobald das Tier tot war, ließen die Priester einen Behälter mit den Geschlechtsorganen des Stieres über eine Kommunikationstreppe an der Westwand hinab und stellten ihn in die Nischen in den Wänden der Krypta auf beiden Seiten des Beckens. Eingeweide geopferter Tiere werden oft auch für die Hieroskopie verwendet, ein Verfahren des Wahrsagens aus Opfergaben. Auch die unten erläuterte Darstellung von Vögeln weist auf ein Orakel hin. Als der Ritus des Taurobolio mit der Annahme des Christentums verboten wurde, verlor dieses zweite Stockwerk seine ursprüngliche Funktion und wurde in eine Kapelle umgewandelt, während das Erdgeschoss zur Krypta wurde. 

Sie besteht aus einem rechteckigen Raum mit einem kleinen Becken in der Mitte und einem Tonnengewölbe. An der Außenseite geht der Fassade ein kleines Atrium mit zwei Säulen voraus, in das sich eine Tür mit einem Hufeisenbogen öffnet, eine Typologie, die später von den Westgoten übernommen wurde. Es ist der älteste Hufeisenbogen, der in der spanischen Architektur als Strukturelement existiert, da er zuvor nur in der Dekoration einiger römischer Stelen vorkam. Das Heiligtum der Kybele gilt als „Unikat“, das bedeutet, im gesamten vom Römischen Reich besetzten Gebiet gibt es kein anderes Gebäude mit denselben Merkmalen.

De amaianos from Galicia - SANTA EULALIA DE BÓVEDAUploaded by Igrexas, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11293241

Wandgemälde im Innern

Im Inneren der Krypta ist ein wunderbarer Wandgemäldekomplex erhalten, der bedeutendste von denen, die es in ganz Hispanien gibt. Die bildliche Darstellung nimmt unmittelbar Bezug auf die Beziehung, die die Vögel und ihre Gesänge zum Heiligtum und seiner Funktion als Orakel hatten. Die lebenden Vögel blieben vor den Augen der Gläubigen verborgen und ihre prophetischen Lieder hallten über die Gewölbemalereien in der Krypta wider. Diese Gemälde befinden sich im Gewölbe und stellen die Sibyllen in Form von Vögeln dar und sind hervorragend erhalten. Das Set besteht aus Rebhühnern, Fasanen, Hühnern, Pfauen (Symbol der Göttin), Tauben, einer Gans und einer Ente sowie stilisierten Pflanzenmotiven, die den heiligen Baum von Attis (Attis ist in der griechischen und phrygischen Mythologie der Sohn der Flussnymphe Nana, den sie aus dem Samen eines Mandelbaumes empfing),  sowie die Kiefer und ihre Früchte darstellen. Es sind Fresken mit wunderbaren Farben, die einen tief beeindrucken. Die unteren Wandgemälde verschwanden, als das Heiligtum christianisiert wurde, und stellten sicher einen Bezug zu den Mysterien der Göttin her.

De freecat - flickr.com, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8574404

Außenfassade

An der Außenfassade der Krypta und des Atriums sind mehrere symmetrisch angeordnete Granitskulpturen zu sehen. Es handelt sich um Darstellungen von Tänzen, zwei Figuren mit verkrüppelten Beinen bzw. Armen, und es wird angenommen, dass Behinderte eine der sozialen Gruppen waren, die sich durch den Kybele-Kult Linderung oder Heilung erhofften. Außergewöhnlich ist auch ein astronomisches Relief, in dem ein Planet und sein Mond erscheinen.

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