Der Stausee von Yesa und das Geisterdorf Ruesta

Via Tolosana

Die Yesa-Talsperre (Embalse de Yesa)

Die Yesa-Talsperre (spanisch: Embalse de Yesa) staut den Fluss Aragon in den spanischen Vorpyrenäen zu einem bei Vollstau 2089 Hektar großen See auf.

Der wegen seines immensen Speichervolumens von 450 Millionen Kubikmetern Wasser und einer Länge von 18 Kilometern mit dem Spitznamen „Meer der Pyrenäen“ bedachte Stausee wurde 1959 fertiggestellt. Die 74 m hohe Staumauer befindet sich zwei Kilometer östlich des Ortes Yesa an der Grenze der autonomen Gemeinschaften Navarra und Aragon.

Die Talsperre wird vom Aragón und mehreren Nebenflüssen, darunter dem aus Richtung Norden zufließenden Esca, gespeist. Aufgefüllt wird der Speicherraum hauptsächlich in den Monaten Oktober bis Mai, wobei die Talsperre dem Hochwasserschutz dient, während in den trockenen Monaten Juni bis September Wasser zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen abgegeben werden kann. 

Allerdings forderte das ambitionierte und bis heute umstrittene Bauprojekt seinen Tribut. Die Weiler Ruesta, Tiermas und Escó fielen dem Stausee zum Opfer. Alle drei Ortschaften wurden mitsamt ihren fruchtbaren Talflächen und ihrem kulturellen Erbe in den 1960 Jahren geflutet. Die insgesamt 1500 Einwohner siedelte man um.

Im August 2006 kam es zu einem Erdrutsch auf der linken Talseite. Die Erdmassen ergossen sich nicht in den See, sondern auf ein noch ungefülltes, zur Erweiterung des Sees geplantes Territorium. Dadurch blieben eine Flutwelle und eine Katastrophe für die Anwohner der Umgebung aus. Das Unglück wurde acht Monate lang geheim gehalten. Das lag vielleicht auch daran, dass es bei dem Staudamms Itoiz in der Nähe immer wieder zu Problemen und Widerständen kam. Denn erst als am benachbarten Staudamm Yesa an der linken Talseite 3,5 Millionen Kubikmetern Erde abgerutscht sind, wird die Gefahr ernster genommen, dass eine Flutwelle unterhalb des Staudamms von Itoiz vielen Menschen das Leben kosten könnte. Das Problem wird verstärkt, da der Staudamm anscheinend seit dem Beginn der Befüllung ständig Erdbeben induziert. Namhafte Gutachter haben die “nicht zu korrigierenden Mängel” schon beschrieben.

Von Jule_Berlin from Berlin, Germany - [1], CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4671098

Das Geisterdorf Ruesta

Das Dorf Ruesta, an dem der Jakobsweg vorbeiführt, ist nur noch eine Ruinendorf. Da sie ihre Existenzgrundlage verloren hatten, verließen die Einwohner den Ort. Die Häuser sind verfallen und die Natur holt sich so langsam das Terrain zurück. Allein zwei ganzjährig geöffnete Herbergen und ein Kulturzentrum mit Ausstellungsraum und Bibliothek wurden renoviert und ragen aus den Ruinen heraus.

Dabei war Ruesta einmal eine wichtige Station auf dem Jakobsweg. Ruesta war, nachdem die Mauren zu Beginn des 10. Jahrhundert aus diesem Landstrich zurückgedrängt wurden, lange Zeit eine strategisch bedeutende Grenzfestung zwischen den Königreichen Aragón und Navarra. Zunächst sorgte der König von Navarra für den Wiederaufbau der von den maurischen Eroberern zurückgelassenen Burganlage, bevor sie 1050 an den aragonischen Herrscher abgetreten wurde. In diesem Zeitraum begann die Besiedlung des Weilers um die militärische Anlage herum. Selbstverständlich durften als Station auf dem Jakobsweg auch Kloster und Kirche nicht fehlen. Ruesta war zweifellos von großer strategischer Bedeutung, denn als die Grenzstreitigkeiten um das fruchtbare Land im ausgehenden 13. Jahrhundert wieder zunahmen, ließ der König sogar die Stadt selbst befestigen. Ab dem 15. Jahrhundert verlieren sich die Aufzeichnungen über das Kastell. Heute sind noch der 25 Meter hohe, monumentale Torre del Homenaje und der Wohnturm als Ruine erhalten. Sie sind die letzten Zeugen der Festungsanlage, die sich einst über das ganze Plateau von fast eintausend Quadratmetern erstreckte.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Stausees befand sich die Ortschaft Tiermas. Hier sind noch die Überreste eines Thermalbades zu finden, das bereits bei den Römer beliebt war. Das 35° Grad warme Schwefelwasser kann bei niedrigem Wasserstand in den Tümpeln genutzt werden. Außerdem treten dann auch die Ruinen des ansonsten vom Stausee komplett überspülten Dorfes langsam ans Tageslicht. Eine kleine Geisterstadt!

https://www.inreiselaune.de/ruesta-geisterstadt/
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Ermita de San Juan de Ruesta

 Etwa einen Kilometer außerhalb von Ruesta trifft man auf die Überreste einer romanischen Einsiedelei. Ihre Entstehung fällt vermutlich in das 12. Jahrhundert, doch vielleicht ist sie auch Bestandteil der gleichnamigen Klosteranlage, welche bereits 200 Jahre zuvor in Betrieb genommen wurde.

Wie oben erwähnt: die Gegend ist reich an Geschichte. Es handelt sich um eine Grenzregion. Iberer, Westgoten und Römer besetzten schon das Gebiet. Den Grundstein für das, was heute ist, legten aber die Auseinandersetzungen zwischen den katholischen und muslimischen Königreichen in der Zeit zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert. Deren Dörfer wachten über den Flusslauf und prägten das Gebiet durch ihre Architektur. In einem Ra­dius von wenigen Kilometern finden sich so islamische Festungen und katholische Klöster und Siedlungen auf den Bergeshöhen.

Die Kapelle befand sich in einem ruinösen Zustand. Schuld daran war der Bau des Yesa-Stausees und das Versagen der verantwortlichen Stellen. Eine historische Fotodokumentation zeigt, dass sich das Gebäude bis vor zwanzig Jahren noch fast in seinem ursprünglichen Zustand befand, obwohl es wegen der Vegetation unzugänglich war. 2001 stürzte jedoch ein großer Teil der Außenmauern ein, wodurch das Dach fast vollständig einbrach. Die Kapelle war einst berühmt für die Wandmalereien in ihrer Apsis, die zu den bedeutendsten ihrer Zeit gehörten. Beim Bau des Staubeckens wurden die wertvollen Fresken, die als eine der bedeutendsten Sammlungen romanischer Malerei des 12. Jahrhunderts in Spanien gelten, zur Konservierung entfernt und befinden sich heute im Diözesanmuseum von Jaca.

Eine Kette von Begebenheiten hat der Kapelle neues Leben eingehaucht, wodurch sie auch in Zukunft erhalten bleibt. Die Revitalisierung der einst ruinösen Pilgerkapelle San Juan de Ruesta war Bestandteil einer Ausgleichsmaßnahme zur Erhaltung des Kulturerbes der Region, die von dem Archtiekten Sebastián Arquitectos aus Saragossa durchgeführt wurde.

Der Bau ruht auf sieben Metallrahmen, die dieselbe Form aufweisen wie das ursprüngliche Bauwerk. Werksteinblöcke ergänzen das Jahrhundertealte Bruchsteinmauerwerk. Rund 60% der Bruchsteinmauer musste erneuert werden. Die Anspielungen auf die landestypische Architektur, wie beispielsweise das für die Gegend typische Steindach oder die Rekonstruktion der ursprünglichen Öffnung in der Hauptfassade werden verbunden mit der Neugestaltung des Gebäudes. San Juan de Ruesta ist ein Überbleibsel der Geschichte, Teil einer Pilgerroute und für die Pilgernden immer offen. 

 

https://www.detail.de/de_de/sebastian-arquitectos-sanieren-eremitage-in-aragon
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