In der langandauernden älteren und mittleren Altsteinzeit hat es noch keine darstellende Kunst gegeben. Das Jungpaläolithikum, die Zeit der Höhlenmalereien, fällt mit der letzten Eiszeit (Ende gegen 10 000 v. Chr.) zusammen. Es ist die Zeit der jüngeren Altsteinzeit (s. auch die Zeittafel unten). Die Träger der jungpaläolithischen Kulturen waren auf höherer Stufe stehende Jäger und Sammler, die sich in den eisfreien Teilen Europas und Asiens befanden.
Die Kunst der Höhlenbilder hat ihre Zentren in Südfrankreich und in Nordspanien. Sie befindet sich im sogenannten franko-kantabrischen Kreis. Daneben in unmittelbarer territorialer Nähe finden wir die mesolithische Felskunst Ostspaniens, die sich aber auffallend von der Höhlenkunst unterscheidet und zeitlich schon zur Mittelsteinzeit zählt. Auffallend deshalb, weil im franko-kantabrischen Kreis vorwiegend das Tier im Zentrum der Darstellung stand, in der mesolithischen Felskunst der Mensch.
Große klimatische Veränderungen führten zu bedeutenden Umwandlungen der europäischen Flora und Fauna. Jagdobjekte werden neben dem Bison Elch, Hirsch, Wisent oder Wildschwein. Es werden neue Arten von Arbeitswerkzeugen geschaffen, der Bogen als Jagdwaffe entsteht. Allein solche technischen Errungenschaften wie die Erfindung und Verbreitung des Bogens seit dem Jungpaläolithikum machte den Menschen unabhängiger von den Zufällen der Jagd. Und diese Veränderungen beeinflussten natürlich auch die Weltanschauung des Menschen. Sie festigte in ihm das Bewusstsein der eigenen Kraft und Bedeutung.
Was die Höhlenmalerei betrifft, so sind die Bilder im Jungpaläolithikum von künstlerischer Naturtreue gekennzeichnet. Das heißt, die dargestellten Wesen werden durch geringe Stilisierung in ihren typischen Artmerkmalen wiedergegeben. Wichtig sind der Gegenstand, seine Farben und seine Räumlichkeit. Die Höhlenmalereien bestehen aus einzelnen zusammenhangslosen Figuren, was ihrer Qualität keinen Abbruch tut.
Die Zeichnungen sind ein Indikator für Fähigkeiten des Homo sapiens, die seine Vorgänger z.B. der Homo neanderthalensis noch nicht besaßen. Denn es gehören schon bestimmte Fähigkeiten dazu, die Tiere in der dargestellten Form zu gestalten. Die Künstler mussten differenzieren können zwischen den Dingen, die wichtig sind und somit dargestellt werden sollten und jenen Details, die unwichtig sind. Außerdem mussten sie eine Vorstellung von Proportionen haben, um z.B. ein Bison mit Hilfe von Linien und Farben so darzustellen, dass er naturalistisch wirkt. Denn es ist ja nicht so einfach ein dreidimensionales Objekt in eine zweidimensionale Darstellung zu übertragen. Zudem suchten sie an den Wänden bestimmte natürliche Vorsprünge, um den Objekten eine gewisse Art von Relief zu geben und somit eine Art Perspektive herzustellen. Wenn man bedenkt, dass die Integration der Perspektive in die Malerei erst in der Zeit der Renaissance gelang, also 15.000 Jahre später, so kann man die Bedeutung der Höhlenmalerei noch besser einschätzen.
Für die Farben haben die Künstler Holzkohle und Erdfarben – verschieden getönten Ocker, Rötel und schwarze Manganerde – mit Fett oder Eiweiß gemischt, die tief in den Stein eindrangen. Für den Farbauftrag kamen vermutlich Federn zum Einsatz. Aber auch Farbstifte und Röhrenknochen, durch die der Farbstoff aufgeblasen wurde oder ein Farbauftrag mit der Hand waren möglich. Zu Anfangs wurde vor allem die Ritztechnik verwendet.
Die Deutung der Malereien ist spekulativ und es ist keine eindeutige Interpretation möglich. Die Malerei hat – nach Auffassung einiger Wissenschaftler – einen magisch-kultischen Ursprung. Es war die Beschwörung der zum Lebensunterhalt so dringend notwendigen Jagdbeute. Man wollte durch die bildliche Darstellung einen Zauber ausüben, damit ihre Waffen auch den ersehnten Erfolg erzielten. Es wäre zumindest eine Erklärung dafür, dass in den meisten Fällen Tiere – wie Pferde, Hirsche oder Bisons – dargestellt werden, die den Menschen nützlich waren und ihnen Nahrung und Material lieferten. Kaum dargestellt wurden z.B. Füchse, Höhlenlöwen, Höhlenbären und Braunbären, die zur selben Zeit in dieser Gegend lebten, aber als gefährlich und bedrohlich eingestuft wurden. Außerdem wird von Wissenschaftlern davon gesprochen, dass die Kunst eine Art “symbolischer Klebstoff” war. Sie hält die Gruppe zusammen und schafft eine Situation, in der die Menschen stärker sind als allein. So wird eine gemeinsame Identität geschaffen, neben der Malerei durch Musik und Geschichten erzählen.
Neben der magisch-kultischen und sozialen Intention der Malerei entwickelte sich – so vermutet man zumindest – durch die fortschreitende Kunstfertigkeit auch der Wunsch nach künstlerischer Betätigung. Man könnte die dargestellten Hände als Signatur und Hinweis auf den Stolz der Künstler über ihre künstlerische Tätigkeit interpretieren, aber es wurde nachgewiesen, dass zahlreiche Hände Frauen- oder Kinderhände sind. Das alles zeigt, dass man sich bei der Interpretation der Malereien doch sehr im spekulativen Bereich befindet, was aber nicht die Bewunderung für die künstlerischen Fähigkeiten zur damaligen Zeit schälert.
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Die Steinzeit ist die früheste Epoche der Menschheitsgeschichte.
Frühgeschichte
800 v. Chr. – 5. Jh. n.Chr.
Urgeschichte
2200 – 800 v. Chr.
2,6 Mill. – 2200 v. Chr
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