Ein mystischer Moment

Geschichten auf dem Via Podiensis

Unsere Wanderung begann in le Puy-en-Velay. Bevor wir die erste Etappe in Angriff nahmen, wollte ich unbedingt nach die Kapelle Saint Michel d`Arguilhe (Heiliger Michal auf der Nadel) auf dem 85 Meter hohen Vulkanschlot aufsuchen. Die Kapelle ist dem Erzengel Michael geweiht, dem Schutzpatron der Berggipfel und Höhen. Sie wurde 969 erbaut und im 12. Jh. erweitert. Da Marielouise ein wenig Probleme mit einem Knie hatte, scheute sie gerade am Amfang unseres Jakobsweges die 268 Stufen hinauf zur Kapelle und natürlich auch die 268 Stufen wieder hinunter. Also stieg ich allein hinauf und außer mir war auch niemand dort unterwegs. Ich wollte mich ein wenig beeilen, nahm ziemlich flott die Stufen nach oben und betrat die Kapelle.

Und plötzlich war ich in einer anderen Welt. Mich umfing eine ganz eigene Atmosphäre. Es war als ob die Zeit plötzlich stehen geblieben wäre und eine tiefe innere Ruhe eingekehrt sei. Das Zusammenspiel von gedämpftem Licht, Kerzenschein, leiser Kirchenmusik, der Schlichtheit des Raumes mit seinen Fresken verströmten eine so mystische Atmosphäre, die mich zutiefst berührte. Auf einer Bank sitzend genoss ich diesen einzigartigen Moment, in dem man ganz bei sich ist. Ich hätte noch Stunden hier verweilen können! Gleichzeitig empfand ich aber auch ein tiefes Glücksgefühl, dass ich gleich wieder mit meiner Freundin auf dem Jakobsweg unterwegs sein durfte.