Wer schleicht sich denn da herein?

Geschichten auf dem Camino del Norte

Unsere nächste Etappe war Laredo. Wir wollten in der Herberge Buen Pastor der Missionsfranziskaner, einer kleinen privaten Herberge, übernachten. Nach einigem Suchen standen wir endlich vor der Herberge. Vor uns warteten bereits sechs Personen an der Rezeption. Es sind die vier österreichischen Männer aus St. Pölten, denen wir schon mehrmals begegnet sind und zwei österreichische Damen, die sich ihnen angeschlossen hatten. An der Rezeption saß eine nette alte Dame, die die Anmeldungen annahm und die sich trotz des „Andrangs“ nicht aus der Ruhe bringen ließ – heißt, es dauerte eine Zeit bis auch wir an der Reihe waren. Als „Belohnung“ bekamen wir ein schönes Doppelzimmer mit eigenem Duschbereich. Außer uns achten übernachtete niemand mehr in der Herberge, obwohl insgesamt 20 Betten zur Verfügung standen. Ob es daran lag, dass sich keine Pilger*in mehr anmeldete oder ob die Dame entschieden hatte, das reicht an Personen und Arbeit, wissen wir nicht so genau.

Marielouise und ich machten am Nachmittag einen Spaziergang zum mehr als vier Kilometer langen Strand Playa de la Salve, der sich in einem Bogen von der Altstadt Puebla Vieja bis nach El Puntal erstreckt.

Am Abend spazierten wir dann alle – die Österreicher*innen und wir – durch die Altstadt von Laredo mit ihren engen Gassen und den kleinen Palästen und Herrenhäusern, die teilweise als Wohntürme erbaut wurden. Wir fanden ein nettes Restaurant und verbrachten gemeinsam einen gemütlichen Abend mit interessanten Gesprächen. Als wir in die Herberge zurückkamen, wurden wir von einer anderen noch älteren Dame empfangen, die uns zunächst auch freundlich begrüßte. Doch dann schoss sie plötzlich auf Marielouise zu und erklärte – soweit wir das verstanden haben -, dass Marielouise  hier nicht gemeldet sei. Sie schaute sie so böse an, dass Marielouise ganz verunsichert war und unsere Beteuerungen halfen zunächst auch nichts. Erst als ich ihr unseren Zimmerschlüssel zeigte und deutlich machen konnte, dass wir zusammen das Zimmer gemietet hatten, ließ sie sich mehr oder minder überzeugen, immer noch mit einem zweifelnden – Marielouise meinte – bösen Blick. Ob sie vielleicht schlechte Erfahrungen gemacht hatte mit Leuten, die sich mit anderen hier eingeschlichen hatten – wir wissen es nicht. Aber wir konnten über den Vorfall schmunzeln, ich hatte etwas, um Marielouise aufzuziehen und wir haben in dem großen Doppelbett herrlich geschlafen.